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Die Moleküle weisen den Weg

Die Krebsmedizin ist im Wandel. Ging es bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen lange Zeit darum, mit allen Mitteln das krankhafte Zellwachstum zu unterdrücken, setzen Krebsexperten heute auf eine andere Strategie: Sie versuchen, die Behandlung für die individuellen molekularen Charakteristika von Tumor und Patient maßzuschneidern. Konsequent umgesetzt wird das im MASTER-Programm des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK), wo behandelnde Ärzte, Molekularbiologen und Bioinformatiker Hand in Hand arbeiten. Dadurch tun sich für Patienten mitunter Therapieoptionen auf, an die vorher niemand gedacht hatte.

© Philipp Benjamin/ NCT

Für die junge Frau aus Heidelberg sah es nicht gut aus. Bei der Patientin war ein Karzinom der Gallenblase diagnostiziert worden. Nach erfolgreicher Operation wurde sie mit einer unterstützenden Chemotherapie behandelt in der Hoffnung, sie dadurch komplett zu heilen. Das klappte nicht: Noch während der Therapie traten Metastasen auf – eine extrem ungünstige Konstellation.

Was der Patientin hätte angeboten werden können, waren belastende Chemotherapien – mit sehr unsicheren Erfolgsaussichten. Die Alternative war ein ganz neuer Therapieansatz: „Der Patientin wurde vorgeschlagen am MASTER-Programm des DKTK teilzunehmen“, berichtet Stefan Fröhling von der Abteilung Translationale Onkologie des Deutschen Krebsforschungszentrums. Dieses Programm läuft seit zwei Jahren. Aufgenommen werden können jüngere Krebspatienten, bei denen die Standardtherapien ausgeschöpft sind, sowie Patienten mit sehr seltenen Tumorerkrankungen.

Bei Patienten im MASTER-Programm wird das Erbgut der Tumoren und der Patienten mithilfe von Sequenzierungsrobotern untersucht. Rund 20 derartige Maschinen stehen in Heidelberg. Sie lesen derzeit pro Jahr rund 18.000 komplette Genome ab. Mit dem daraus entstehenden Datenwust – mehrere Gigabyte pro Genom – kann freilich erstmal niemand etwas anfangen. Die Daten werden deswegen von Bioinformatikern aufbereitet. „Am Ende steht eine Art Excel-Tabelle, aus der die molekularen Besonderheiten des jeweiligen Tumors hervorgehen“, so Fröhling.

Mit dieser Tabelle arbeitet das molekulare Tumorboard des MASTER-Programms. Das ist ein Gremium, das sich einmal pro Woche trifft und aus 20 bis 30 Experten zusammensetzt – Molekularbiologen, medizinische Onkologen aus dem Krankenhaus, niedergelassene Krebsspezialisten, Bioinformatiker und Pathologen. In einer zweiten Sitzung treffen sich, ebenfalls wöchentlich, noch einmal fünf bis zehn Experten. Wenn es sich um Patienten anderer DKTK-Standorte handelt, etwa aus Mainz, aus Essen, aus München oder aus Berlin, dann wählt sich auch noch der jeweilige Kollege per Videokonferenz ein. Zehn und mehr Patienten pro Woche werden in diesen molekularen Tumorboards detailliert besprochen.

„Bei den Sitzungen geht es darum, die Ergebnisse, die die Sequenzierungsroboter und die Analyse-Software ausspucken, klinisch zu interpretieren und darauf aufbauend Therapieempfehlungen auszusprechen“, erläutert Fröhling. Das klingt einfacher, als es ist: Manche genetischen Veränderungen sind gut bekannt, sodass spezifische Therapieempfehlungen relativ leichtfallen. Bei anderen müssen die Experten tief in die wissenschaftliche Literatur und die onkologischen Datenbanken eintauchen, um abgesicherte Empfehlungen aussprechen zu können. Das kann dauern, sodass zwischen Sequenzierung und Empfehlung in einzelnen Fällen vier bis sechs Wochen liegen können.

Typische Mutationen identifizieren

© Philipp Benjamin/ NCT

Am Ende gibt es bei etwa drei von vier Patienten konkrete Therapieempfehlungen, die das molekulare Tumorboard an das klinische Tumorboard weitergibt, das den Patienten betreut – ob in Heidelberg oder an einem der anderen DKTK-Standorte. „Bei etwa einem Drittel aller Patienten folgt das klinische Tumorboard unseren Empfehlungen ganz oder teilweise und ändert die ursprünglich vorgesehene Therapie“, so Fröhling.


So war es auch bei der jungen Patientin mit dem metastasierten Gallenblasenkarzinom. Die molekulare Analytik zeigte eine Veränderung im HER2-Rezeptor, die auch bei Brustkrebspatientinnen auftreten kann. Das molekulare Tumorboard empfahl daher in Analogie zum Brustkrebs eine Hemmung dieses mutierten Rezeptors zusätzlich zu einem Chemotherapeutikum. „Dadurch gingen die Metastasen allmählich zurück. Mittlerweile ist der Tumor bei der Patientin nicht mehr nachweisbar. Es ist jedes Mal sehr erfreulich, wenn sie zu den Nachkontrollen kommt“, so Fröhling.


Und sie ist nicht die einzige. Schon früh im Programm sequenzierten die Heidelberger das Genom einer Patientin aus Göppingen mit Metastasen unklaren Ursprungs. Der Verdacht lautete auf bösartiges Weichgewebssarkom, ein Krebs des Bindegewebes. Viele MASTER-Patienten haben solche Tumoren, für die es kaum effektive Therapien gibt. Die Patientin hatte auf mehrere Chemotherapien nicht angesprochen. Auf Basis der Genanalyse empfahl das molekulare Tumorboard ein neues Medikament, einen sogenannten Checkpoint-Inhibitor, und lag damit goldrichtig: Der Krebs ging zurück. „Diese Patientin stand schon mit einem Fuß im Hospiz“, erinnert sich Fröhling. Auch einem jungen Mann Mitte 30, der an einem ebenfalls unklaren Karzinom im Bereich der Kieferhöhlen erkrankt war, konnten die Krebsexperten aufgrund ihrer Analysen helfen. Er wird heute von Sebastian Bauer am Westdeutschen Tumorzentrum des Universitätsklinikums Essen behandelt, ebenfalls ein DKTK-Standort. Auch bei diesem Patienten lieferte die Gensequenzierung eine entscheidende Information, nämlich eine Mutation, die die Ärzte von gastrointestinalen Stromatumoren (GIST) kennen, ebenfalls Krebserkrankungen des Bindegewebes.

Der junge Patient hatte zwar eindeutig keinen solchen Tumor, aber er hatte die dafür typische Mutation und wird deswegen jetzt mit speziellen Inhibitoren behandelt, die auch bei GIST zum Einsatz kommen. Auch diesem Patienten, der sonst wahrscheinlich gestorben wäre, geht es im Moment relativ gut. Er kann zudem auf neue GIST-Therapien hoffen, die sich in der klinischen Prüfung befinden. Insgesamt wurden im MASTER-Programm bisher knapp 900 Patienten versorgt. Zwei Drittel kamen aus Heidelberg, die übrigen von anderen DKTK-Standorten. Das Programm ist damit auch ein gutes Beispiel für die Sinnhaftigkeit einer vernetzten, translationalen Forschung.

Das Ziel heißt Regelversorgung

Deutlich wird der Nutzen der DKTK-Netzwerkstrukturen auch an den klinischen Studien, die als Konsequenz aus dem MASTER-Programm jetzt zunehmend gestartet werden. Denn natürlich ist eine der Gretchenfragen der Präzisionsonkologie bisher noch nicht beantwortet: Bleibt die molekular gezielte Krebstherapie sozusagen Handarbeit? Oder lassen sich auf lange Sicht neue Standardtherapien etablieren, die die derzeit sehr aufwendige, individuelle Therapiefindung vereinfachen? Erste Schritte in diese Richtung werden bereits unternommen. So haben sich die MASTER-Forscher 50 Patienten mit Krebs der glatten Muskulatur etwas genauer angesehen und gewisse Ähnlichkeiten zwischen den Genprofilen gefunden: Viele der Patienten hatten Defekte in Molekülen, die an der Reparatur der Erbsubstanz mitwirken, darunter das vom erblichen Brustkrebs bekannte BRCA1-Gen. Medikamente, die in der Gynäkoonkologie bei entsprechenden Patientinnen eingesetzt werden, sollen nun auch bei MASTER-Patienten mit entsprechender genetischer Konstellation in einer klinischen Studie evaluiert werden.


Das Besondere an dieser Studie ist, dass es sich um eine sogenannte Basket-Studie handelt, bei der die Mutation das Einschlusskriterium ist, nicht die Art des Tumors. Als Basket-Studie ist auch eine weitere klinische Studie unter der Koordination des DKTK-Standorts Freiburg konzipiert. Dabei geht es um Patienten mit seltenen Mutationen im BRAF-Gen. „Nur mit der Konsortialforschung bekommen wir genug Patienten für eine derartige Studie zusammen“, so Fröhling.

Langfristiges Ziel der Verfechter einer molekularen Onkologie ist es, die detaillierte genetische Diagnostik in die normale Krebsversorgung einzubetten. Andere Länder gehen das bereits konkret an. So wurden in Großbritannien im Rahmen des „Genomics England“-Programms flächendeckend Zentren für genomische Medizin etabliert, um in erheblich größerem Umfang als bisher Krebsgenome sequenzieren zu können. Auch in Deutschland wächst die Bereitschaft der Krankenkassen, Sequenzierungen des Erbgutes oder andere umfangreiche gendiagnostische Untersuchung bei Krebspatienten zu erstatten. „Ich denke, dass wir mittelfristig bei möglichst allen Krebspatienten eine breite molekulare Analytik möglichst früh im Krankheitsverlauf benötigen“, so Fröhling.

// Philipp Grätzel von Grätz

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